Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit von Amor-Salamanca et al. (2025) liefert einen umfassenden Überblick über Risikofaktoren und präventive Strategien für muskuloskelettale Verletzungen im Hochleistungstennis. Insgesamt wurden 37 Studien aus den Jahren 2011–2024 eingeschlossen – die große Mehrheit mit guter methodischer Qualität. Die Daten beziehen sowohl Jugendliche als auch Erwachsene ein und eröffnen damit eine wertvolle Entwicklungsperspektive.

Epidemiologie: Wie häufig sind Verletzungen? 📊

Jugendliche (13–18 Jahre)

Bei jungen Athlet:innen liegt die Inzidenz bei 2.1–3.5 Verletzungen pro 1.000 Spielstunden, die Saisonprävalenz zwischen 46–54 %. Am häufigsten betroffen sind:

  • Untere Extremität (48–54 %)

  • Lendenwirbelsäule (24–39 %)

  • Schulter (bis 34 %)

Der Schweregrad ist hoch: 31–45 % der Verletzungen verlaufen moderat, 43–45 % sogar schwer (>28 Tage Ausfall).

Erwachsene & Profis

Bei Erwachsenen ist die Spannbreite der Inzidenzen deutlich größer (1.25–56.6/1000 h) – stark abhängig von Belag, Klima und Spielintensität. Die häufigsten Verletzungsregionen sind:

  • Untere Extremität (48–56 %)

  • Rumpf (12–24 %)

  • Schulter/obere Extremität (25–40 %)

Auch hier weisen bis zu 54 % der Verletzungen einen schweren Verlauf auf.

Risikofaktoren: Was erhöht das Verletzungsrisiko? ⚠️

Extrinsische Faktoren 🌡️⏱️

  • Eine Akut-zu-chronisch-Trainingslast (ACWR) >1.3

  • Wochenweise Laststeigerungen ≥30 %

  • Hohe Matchdichte sowie klimatische und Umweltfaktoren

    • insbesondere tropisch-feuchtes Klima oder harte Beläge

  • Wechsel zwischen Hardcourt und Sand → mehr Unterkörper- & Rumpfverletzungen

  • Frühe Spezialisierung in der Jugend → erhöhtes Überlastungsrisiko

Intrinsische Faktoren 🦴💪

  • Glenohumerale Innenrotationsdefizite (GIRD) ≥15° → Risikoverdopplung

  • Scapuladyskinesie

  • Core-Instabilität

  • Kraftdefizite der Rotatorenmanschette (ER/IR)

  • Tightness der hinteren Schulterkapsel

  • Infraspinatus-Atrophie

Diese Faktoren verdeutlichen: Die Schulter bleibt – neben dem Unterkörper – ein zentrales Verletzungsfeld im Tennis.

Prävention: Was funktioniert wirklich? 🛡️

1. Load-Management

  • Ramp-up-Programme mit kontrollierter Steigerung ≤15 % pro Woche

  • Nutzung von ACWR-Monitoring-Tools

2. Kinetic-Chain-Training

  • Kombination aus Core-Stability und exzentrischem Rotatorenmanschettentraining

  • Ergänzend: intensives IR-Stretching der Schulter

3. Technik- & Equipment-Anpassungen 🎾🛠️

  • Anpassung der Griffgröße

  • Serve-Timing-Optimierung

  • Wrist-Sensor-Feedback (Wearables)

Stärken des Artikels 🌟

  • Prospektiv registriertes Protokoll

  • Strenge Evidenzbewertung

  • Hohe thematische Breite

  • Betrachtung von jugendlichen UND erwachsenen Athlet:innen

  • Keine Studie mit „Poor“-Bewertung

Limitationen der Datenlage 📉

  • Heterogene Definitionen von Verletzung & Exposition

  • Viele Daten stammen aus retrospektiven Fragebögen → Recall Bias

  • Wenige RCTs für präventive Programme

  • Fokus v. a. auf Elite-Akademien & Profis → eingeschränkte Übertragbarkeit auf Freizeitspieler:innen

Take-Away 🎯

Muskuloskelettale Verletzungen im Hochleistungstennis sind häufig, aber gleichzeitig gut quantifizierbar und zu einem großen Teil vermeidbar.

Die wichtigsten Hebel sind:

  • Progressives Load-Management (ACWR 1.3–1.5, kontrollierte Ramp-up-Programme)

  • Optimierung der gesamten Kinetic Chain (Core, Schulter, Scapula u. a.)

  • Technisch-ergonomische Anpassungen wie Serve-Timing, Griffgröße und Wearables


Quellen:

Amor-Salamanca, M. S., Rodríguez-González, E. M., Rosselló, D., de Lluc-Bauza, M., Hermosilla-Perona, F., Martín-Castellanos, A., & Herrera-Peco, I. (2025). Risk Factors and Prevention of Musculoskeletal Injuries in Adolescent and Adult High-Performance Tennis Players: A Systematic Review. Sports, 13(10), 336. https://doi.org/10.3390/sports13100336