Wusstest Du, dass Deine Muskeln ohne Sehnen kaum etwas ausrichten könnten? Sehnen sind ein spezialisierter Typ des Bindegewebes, der eine zentrale Rolle in der Kraftübertragung spielt. Sie sind die zähen Verbindungsstücke zwischen Muskel und Knochen – quasi die „Anhängerkupplung“ Deines Körpers, die Bewegungen ermöglichen und gleichzeitig Stabilität verleihen. Ohne sie läuft (oder springt) nichts! Das Schöne daran: Sehnen sind anpassungsfähig – genau wie Muskeln lassen sie sich trainieren und stärken. Der Haken: Diese Anpassung funktioniert in beide Richtungen. Zu wenig Belastung, „falsche“ Bewegungsmuster oder ständige Überlastung können dazu führen, dass Sehnen gereizt, geschwächt oder sogar verletzt werden.
In dieser Beitragsreihe erfährst Du, wie Deine Sehnen aufgebaut sind, wie Tendinopathien unterschieden werden und wie Du Deine Sehnen stark, geschmeidig und einsatzbereit hältst – damit Du in Bewegung bleibst, ohne schmerzhafte Umwege.
🦾 Was genau ist eine Sehne – und warum ist sie so wichtig für Deinen Körper?
Sehnen sind echte Multitalente im Körper: Sie verbinden Muskeln mit Knochen und sorgen dafür, dass Du Deine Kraft gezielt auf Bewegung übertragen kannst – egal ob beim Sprinten, Klettern oder Yoga. Ohne Sehnen wäre Deine Muskulatur zwar stark, aber völlig wirkungslos.
Die Hauptbaustoffe der Sehne sind Kollagenfasern, die ihr eine enorme Reißfestigkeit verleihen. Die „Bauarbeiter“ in der Sehne heißen Tenozyten – sie produzieren die sogenannte extrazelluläre Matrix, also das Gerüst aus Kollagen, elastischen Fasern und anderen Proteinen, das die Sehne stabil, aber auch flexibel macht.
🔄 Anpassungsfähig – aber in beide Richtungen
Das Geniale: Sehnen passen sich an Belastung an. Regelmäßiges, dosiertes Training stärkt sie – ähnlich wie bei Muskeln. Aber: Auch das Gegenteil ist möglich. Zu wenig Bewegung, „falsche“ Belastung oder ständige Überlastung führen dazu, dass die Sehne an Qualität verliert. Das kann zu typischen Sehnenproblemen führen, den sogenannten Tendinopathien.
Dabei unterscheidet man drei Stufen:
- Reaktive Tendinopathie – eine kurzfristige Reaktion auf zu viel Belastung
- Tendon Dysrepair – die Sehne versucht sich zu „reparieren“, baut dabei aber auch wichtige Strukturen ab
- Degenerative Tendinopathie – die Sehne verändert sich langfristig, Zellen und Fasern werden geschädigt
🪢 Besonders spannend: Der Übergang zwischen Sehne und Knochen
Ein echter Schwachpunkt – vor allem im Sport – ist der Übergang zwischen Sehne und Knochen, auch osteotendinöser Übergang genannt. Hier trifft weiches, elastisches Gewebe auf harten Knochen. Das klingt nach einer heiklen Verbindung – und ist es auch.
Zwei Übergangsformen – direkte & indirekte Insertion:
Direkte Insertion
Hier geht die Sehne über mehrere Zonen schrittweise in den Knochen über. Das ist biomechanisch sehr stabil – aber auch anfällig für Überlastung.
Beispiele für direkte Übergänge:
- Quadrizepssehne an der Kniescheibe
- Achillessehne an der Ferse
- Patellarsehne am Schienbein
Indirekte Insertion
Hier verzahnen sich die Sehnenfasern direkt mit der Knochenhaut (Periost) – ohne Knorpelzone. Diese Übergänge sind weniger komplex, aber robuster gegen typische Sportverletzungen.
Beispiele für indirekte Übergänge:
- Bizepssehne (kurzer Kopf) am Oberarm
- Adduktorensehnen an der Oberschenkelinnenseite
Der direkte Übergang besteht aus vier Zonen – eine echte Ingenieursleistung der Natur:
- Zone 1: Das reine Sehnengewebe mit vielen festen Kollagenfasern
- Zone 2: Faserknorpel – hier beginnt die Umwandlung
- Zone 3: Mineralisierter Knorpel – hier wird es hart
- Zone 4: Knochengewebe – jetzt ist die Kraft endgültig „angekommen“
Diese Zonen gehen stufenlos ineinander über – und genau das macht die Verbindung so besonders. Leider ist sie gerade im Übergang von Zone 3 zu 4 (also vom mineralisierten Knorpel zum Knochen) besonders verletzungsanfällig.
🧑🍳 Durchblutung & Nervenversorgung – warum das für Heilung entscheidend ist
Sehnen sind generell eher mäßig durchblutet, was ihre Heilung verlangsamen kann. Beim Übergang zum Knochen gibt es Unterschiede:
- Zone 1 (Sehne) und Zone 4 (Knochen) sind gut durchblutet und innerviert – hier kommt also viel an: Sauerstoff, Nährstoffe, Signale.
- Zone 2 und 3 (Knorpelbereiche) dagegen sind kaum durchblutet und kaum innerviert – Verletzungen hier brauchen daher deutlich länger zur Heilung.
Je näher also eine Verletzung am Knochen-Sehnen-Übergang liegt – vor allem in Zone 3 –, desto länger kann die Regeneration dauern. Umso wichtiger: frühzeitige Therapie/ Training, gezielte Belastungssteuerung und Geduld.
❗️Warum ist das wichtig für Dich als Sportler:in?
Ob Laufen, Werfen oder Springen – Sehnen arbeiten immer mit. Doch sie reagieren langsamer auf Trainingsreize als Muskeln. Wer also zu schnell zu viel will, riskiert Überlastung. Und genau das ist einer der Hauptgründe für Sehnenbeschwerden.
Besonders häufig betroffen sind z. B.:
- Achillessehne
- Patellarsehne
- Supraspinatussehne
❓Was kannst Du tun?
- Langsam progressiv steigern – gib Deinen Sehnen Zeit, sich an neue Belastungen zu gewöhnen
- Gezieltes Krafttraining – vor allem exzentrische (aber auch konzentrisch und isometrisch forcierte) Übungen stärken die Sehnenstruktur
- Regeneration beachten – Schlaf, Ernährung und Belastungspausen sind für die Sehne Gold wert
- Früh reagieren – bei Schmerzen oder Ziehen in der Sehne: nicht ignorieren, sondern abklären lassen

