Die Achillessehne ist eine der am häufigsten verletzten Sehnen im menschlichen Körper. Ein Riss dieser Sehne geht mit einer längeren Rehabilitations- und Aufbauphase einher, um wieder in den sportlichen – uneingeschränkten – Alltag zurückzukommen. Die Gestaltung dieser Phase ist essenziell, um sein volles Potenzial wieder ausschöpfen zu können. Um zu wissen, ob ein Widereinstieg in den sportlichen Alltag bereits möglich ist, ist es notwendig einige Faktoren zu berücksichtigen.
Wir haben uns die Literatur zu den Return-to-Sport (RTS) Protokollen angesehen und mussten feststellen: ein einheitliches RTS-Protokoll gibt es nicht. 🤔
Einige Autor:innen schlugen verschiedene Protokolle vor, in denen unterschiedliche Parameter erhoben wurden. Generell liegt die RTS-Rate nach einer Achillessehnenruptur bei ca. 70% (also 70% kehren nach einer Ruptur wieder in den Sport zurück), wobei es wenig signifikante Unterschiede zwischen einer konservativen und operativen Versorgung gibt. Hierbei ist anzumerken, dass bei Sportler:innen zumeist eine operative, der konservativen Versorgung vorgezogen wird.
Auch zeigt sich, dass die RTS-Rate bei niederintensiven Sportarten höher, als bei hochintensiven Sportarten – wie Kontaktsportarten – ausfällt (Lerch et al., 2020).
Die vorliegenden Protokolle beziehen sich zumeist auf eine Rehabilitation nach einer operativen Versorgung einer Achillessehnenruptur. In der Frührehabilitation wird oft diskutiert, ob ein immobilisierter und gewichtsentlasteter Ansatz, einer frühen Mobilisation und Gewichtsbelastung vorzuziehen ist. Dieser Diskussionspunkt führte zu dem Ergebnis, dass es keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf den RTS gibt.
In der Phase des RTS konnten Marrone et al. (2024) einige Empfehlungen zu verschiedenen Meilensteinen (ab der 24. Woche postoperativ) abgeben:
Kraft
- Isokinetische Tests bei 30°/s (Geschwindigkeiten variabel): 90% Limb Symmetry Index (LSI)
- Sitzende isometrische Soleus-Kraftmessung: Isometrisch (Soleus): 1,5–2,0x Körpergewicht
Muskelausdauer
-
Einbeiniges Fersenheben: 90% LSI (Anzahl der Wiederholungen) / 90% LSI Gesamtarbeit
Schnellkraft – langsam (längere Kontraktionszeit)
- Beidbeiniger Countermovement Jump: < 10–20% Asymmetrie
- Einbeiniger Countermovement Jump: < 10% Asymmetrie der Sprunghöhe
- Einbeiniger Sprung für Distanz: < 10% Asymmetrie der Sprungdistanz
Reaktivkraft (kürzere Kontraktionszeit)
- Beidbeiniger Drop Jump: Reactive Strength Index (RSI) >1,5 / < 10% Asymmetrie
- Einbeiniger Drop Jump: RSI >0,5 / < 10% Asymmetrie
Hutchison et al. (2015) stellen im Rahmen des SMART-Programms folgende Parameter für einen RTS vor (wobei sie den Einstieg in ein Laufprogramm erst fünf bis sechs Monate nach der Verletzung / OP empfehlen):
- Einbeiniges Wadenheben ohne nähere Angaben zur Anzahl oder Maximalkraft
- Sprint mit Toe off Phase
- Single Leg Hop (Mittelwert aus 3x) ist 75% der nicht betroffenen Seite
- Single Leg Counter Movement Jump ist 75% der Höhe der nicht betroffenen Seite
Dams et al. (2019) empfehlen zusätzlich die Achillessehnenlänge und die Range of Motion (ROM) zu berücksichtigen und verzeichnen Single Leg Hop Tests erst 12 Monate nach der Verletzung. Zusätzlich scheint es sinnvoll, einen Selbsteinschätzungs-Fragebogen zu verwenden.
Hansen et al. (2016) konnten zeigen, dass der Achilles Tendon Total Rupture Score (ATRS) mit dem Return-to-Sport nach einem Jahr korreliert.
Anzumerken ist, dass es sich bei den physischen RTS-Testungen ausschließlich um geradlinige Bewegungen handelt. Dies macht es schwieriger, die Ergebnisse auf Sportarten höherer Level – wie Kontaktsportarten – umzulegen. Dies könnte die zuvor erwähnte höhere RTS-Rate bei niederintensiven Sportarten erklären.
❗️Wir empfehlen vor der Rückkehr in den Sport auf jeden Fall:
- Betrachtung des zeitlichen Abstands zur OP 📆
- Passende Kraft- und Sprungtestungen 📈
- Testung der Gelenksmobilität (ROM)🦵
- Ausfüllen des ATRS-Fragebogens 📝
❗️PS: Die Rehabilitationsphase bedeutet nicht, dass kein Restkörpertraining durchgeführt werden darf. Dein Körper wird es Dir danken, wenn Du Dich weiterhin bewegst und Trainingsreize für die nicht-betroffenen Areale setzt. Ein Training des nicht-betroffenen Beines, kann die Genesung und den Wideraufbau der betroffenen Extremität unterstützen. Fit bleiben und den Katabolismus abhalten ist also die Divise!
Quellen:
Dams OC, van den Akker-Scheek I, Diercks RL, Wendt KW, Bosma E, van Raaij TM, Munzebrock AV, Zijlstra WP, Zwerver J, Reininga IHF. (2019) The recovery after Achilles tendon rupture: a protocol for a multicenter prospective cohort study. BMC Musculoskelet Disord. 20 (1), 69. doi: 10.1186/s12891-019-2437-z.
Hansen MS, Christensen M, Budolfsen T, Østergaard TF, Kallemose T, Troelsen A, Barfod KW. (2016) Achilles tendon Total Rupture Score at 3 months can predict patients‘ ability to return to sport 1 year after injury. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 24 (4), 1365-71. doi: 10.1007/s00167-015-3974-0.
Hutchison AM, Topliss C, Beard D, Evans RM, Williams P. (2015) The treatment of a rupture of the Achilles tendon using a dedicated management programme. Bone Joint J. 97-B (4), 510-5. doi: 10.1302/0301-620X.97B4.35314
Lerch TD, Schwinghammer A, Schmaranzer F, Anwander H, Ecker TM, Schmid T, Weber M, Krause F. (2020) Return to Sport and Patient Satisfaction at 5-Year Follow-up After Nonoperative Treatment for Acute Achilles Tendon Rupture. Foot Ankle Int. 41 (7), 784-792. doi: 10.1177/1071100720919029.
Marrone W, Andrews R, Reynolds A, Vignona P, Patel S, O’Malley M. (2024) Rehabilitation and Return to Sports after Achilles Tendon Repair. Int J Sports Phys Ther. 19 (9), 1152-1165. doi: 10.26603/001c.122643